S_Herlofsen

Spotlight on… Sarah Herlofsen

Stammzellforscherin, Kinderbuchautorin und Mutter von vieren – und nun ist Dr. Sarah Roxana Herlofsen auch noch Kuratoriumsmitglied der Stiftung Juno Kinderkrebshilfe. Hier teilt sie ihre bewegende Geschichte mit uns. Dass sie Superkräfte haben muss, steht fest. Wir freuen uns, dass sie diese auch für unsere Stiftung einsetzt!

Man kann wohl sagen, dass ich drei große Leidenschaften in meinem Leben habe. Kinder, Bücher und Biologie. Schon nach dem Abitur war mir klar, dass ich mit diesen drei Themen arbeiten will. Meine Autorenschaft geht zurück bis in meine Kindheit. Schreiben war bereits in der Grundschule meine absolute Leidenschaft und meine erste Geschichte wurde im Kölner Stadtanzeiger veröffentlicht als ich gerade in die dritte Klasse ging. Seit dem Tag, als ich meine eigenen Worte in der Zeitung lesen konnte, habe ich davon geträumt irgendwann ein eigenes Buch zu schreiben. Auch mein Interesse für die Biologie und Medizin entstand schon sehr früh und ich habe lange überlegt Ärztin zu werden. Aber die Vorstellung nicht allen helfen zu können und Menschen zu verlieren, hat mich abgeschreckt, weil mir solche Schicksale emotional zu nah gehen. Ich wählte also den Weg zur Biologie- und Philosophielehrerin, damit ich Kindern die großen und kleinen Mysterien des Lebens erklären kann. Doch bereits nach dem zweiten Semester veränderte ein Krebsfall in der Familie meine Karriere das erste Mal. Meine Oma wurde krank und die Diagnose metastasierter Darmkrebs hatte damals sehr schlechte Prognosen. Ich erinnere mich noch genau, wie ihr eine revolutionäre Therapie angeboten wurde. Sie konnte an einer klinischen Studie teilnehmen, in der Forscher versuchten Antikörper gegen die Krebszellen auszubilden, so dass sie vom eigenen Körper gefunden und entsorgt werden können. Dies war also der Anfang der personalisierten Krebstherapie und damals ein unglaublich mutiger und spektakulärer Gedanke.

 

Als frische Biologiestudentin war ich von dieser genialen Idee begeistert und wollte nun nicht nur Wissen vermitteln, ich wollte lieber Wissen selbst schaffen und wechselte den Studiengang zur molekularen Biomedizin. Hier wollte ich neue Medikamente entwickeln, Durchbrüche in der klinischen Forschung erzielen und damit Leben retten. Es folgten viele Jahre im Labor und meine Spezialität wurde die klinische Stammzellforschung. 2013 machte ich meinen PhD am Reichshospital in Oslo in Norwegen. Und wieder sollte ein Krebsfall in der Familie meinen Lebensweg in eine neue Richtung lenken. Diesmal wurde mein Opa mit unheilbarem Blasenkrebs diagnostiziert. Ich war hochschwanger mit meinem dritten Kind, mitten in der letzten Phase meiner Doktorandenperiode und konnte nicht mehr nach Deutschland reisen. Die Zeit war sehr dunkel und umwölkt und ich hatte Angst, dass er meine ungeborene Tochter niemals kennenlernen würde. Meine anderen Kinder waren noch recht klein und ich begann Bilder für sie zu malen und kleine Geschichten über Krebszellen zu schreiben, um zu erklären, warum ich so traurig war. Diese offene Kommunikation war unendlich wertvoll. Nicht nur für meine Kinder, sondern auch für mich selbst. Dass ich mich nicht verstellen musste, sondern ehrlich erzählen konnte was mich bewegt, war eine große Erleichterung. Und dass die Kinder wussten, dass sie immer mit mir reden können und ehrlich Antworten bekommen, hat die Krankheit weniger unheimlich für sie gemacht. Da entstand die Idee für mein Kinderbuch.

 

Das Buch sollte für alle Kinder passen, unabhängig von Diagnose, Behandlung und Patient. Ich wollte mein gesammeltes Wissen nutzen, um allen Kindern ihre Fragen zu beantworten, egal ob sie eine Mutter mit Brustkrebs oder einen Opa mit Darmkrebs haben oder vielleicht selbst an Leukämie erkrankt sind. Hier begann also mein Engagement für Kinder und Krebs. Die nächsten Jahre reiste ich viel umher, besuchte Kinderkrebsstationen und Kinder als Angehörige, sammelte Fragen und Erfahrungsberichte, traf mich mit Psychologen und Ärzten, Krebsüberlebern und Menschen, die Ihre Liebsten an Krebs verloren haben. Mehr und mehr wurde dieses Buch zu meinem neuen Baby und das Thema Krebs zu meinem absoluten Herzensthema. Ich werde wohl nie meinen ersten Besuch auf der Kinderkrebsstation vergessen, als mir ein kleiner Patient entgegenkam, der gerade eine Strahlenbehandlung abgeschlossen hatte. Dieser kleine, verletzliche, geläuterte Körper. Der glatte Kopf und die von der Strahlung gerötete Haut. Seine Mutter, müde, erschöpft, gebrochen und doch mit einem verzweifelten Lächeln auf den Lippen und aufmunternde Worte flüsternd. Ich hatte gerade mein drittes gesundes Kind zur Welt gebracht und konnte diesen Schmerz kaum aushalten. Das war wohl der Tag, an dem ich entschieden habe, dass ich mein Leben nutzen will, um diesen Familien zu helfen, mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen. 2016 erschien mein erstes Krebsbuch in Norwegen und 2019 mein deutsches Buch „Wie ist das mit dem Krebs“. Mittlerweile ist es in viele Sprachen übersetzt worden und wenn ich daran denke, wie viele tausend Kinder diese Bücher in der ganzen Welt gelesen habe, rührt mich das nach wie vor zu Tränen. Dass die deutsche Krebshilfe mein Buch verfilmt hat und wir jetzt eine eigene Kinderseite mit gratis Zeichentrickfilmen für alle Kinder haben, die wissen möchten, was Krebs ist, war auch ein kleiner Traum, der in Erfüllung ging.

 

Aktuell arbeite ich an einem Bilderbuch für kleinere Kinder, was nächstes Jahr in Deutschland erscheinen wird. Und weil diese kleinen Menschen und ihre Schicksale mir so unendlich am Herzen liegen, bin ich unbeschreiblich glücklich, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, hier in der Stiftung Juno Kinderkrebshilfe meinen Beitrag zu leisten. Ich hoffe, dass ich durch meine Arbeit für die Stiftung ein wenig Hoffnung, Trost, Freude und Hilfe an diese Kinder und ihre Familien weitergeben kann. Und kann es kaum erwarten diese Reise zu beginnen.